Leseprobe

VORWORT

Ich möchte Dir vorschlagen, dieses Buch am besten mit Deinem Herzen zu lesen und den Verstand zwischendurch ruhig zweifeln zu lassen, denn er ist es oft nicht anders gewohnt. Schenke jedoch seinen Einwänden immer weniger Aufmerksamkeit, lass die Gedanken einfach kommen und gehen und verleihe ihnen weiter keine Energie. Höre einfach auf Dein Herz, denn es weiß immer, was wirklich für Dich stimmt!

„Erst als ich wusste,
dass ich nichts wusste,
fing mein Erkennen an.“

Kein Wort in diesem Buch stammt in Wahrheit von mir, vielmehr sind sie zu mir gekommen als eine Zusammenfassung, ich nenne es gern die Essenz, aller mir bekannten spirituellen Lehren und Richtungen. Ich selber bin eine mentale Fixierung, die noch einiges mit dem Körper und den Emotionen arbeiten darf. Aus diesem Grund ist dieses Buch auch aus einem befreiten Geist entstanden, berücksichtigt jedoch nicht ebenso wichtige Bereiche wie Yoga, Körperarbeit, energetische Praktiken und anderes, aber auch auf Astrologie, Enneagram, Archetypen, Schamanismus, Naturheilkunde, Rituale und Ähnliches bin ich nicht näher eingegangen. Was hingegen das Geistige, das Mentale, betrifft, wurde mir die letzten Jahre oft gesagt, dass mir das Reduzieren auf das Wesentliche und das Erkennen einer tieferen Wahrheit, vor allem in den unterschiedlichen spirituellen Lehren, besonders gut gelingt und genau das möchte ich nun mit Dir teilen. Ob das von Dir auch so empfunden wird, kannst nur Du selber beurteilen, doch dies alleine war meine Ausrichtung dieses Buch zu schreiben.

Durch viele Erlebnisse und Erfahrungen hat sich in mir ein tiefes Wissen über die Essenz einer leichten Spiritualität wie auch über mich und den Sinn meines Lebens ergeben. Ich erkannte einen Weg, den ich so klar und einfach, bis dahin noch nicht kennen gelernt hatte. Für mich greift damit alles perfekt und ganz automatisch ineinander, alles ergänzt sich um sein Eigenes, vollendet sich gemeinsam und wird zum Ganzen eines noch größeren Ganzen. Ich bin überzeugt davon, dass jeder von uns auch solche Erlebnisse hat und ähnliche Dinge erfährt, gleichwie ich auch sicher bin, dass es jeder anders erfährt, mit einem anderen Bewusstsein und auf andere Weise, einfach wie es ihm möglich ist und vielleicht auch wie es für ihn vorgesehen ist.

Den Sinn und Zweck, also die Energie, dieses Buches sehe ich darin, diese von mir erkannte Essenz auch für andere leichter erkennbar und somit erlebbar zu machen. Auf diese Weise möchte ich für diese einfache Art der Spiritualität und der Sinnfindung ein neues Feld eröffnen oder auch bestehende unterstützen. Ich hoffe von ganzem Herzen, hier einen Beitrag zum Finden und nicht zur Suche geleistet zu haben und in diesem Sinne wünsche ich viel Vergnügen, schöne Momente, wahrhaftige Erkenntnisse und tiefe Erlebnisse in unendlicher Liebe, Dankbarkeit und Zufriedenheit.

BLICK IN DAS BUCH

Wichtige Begriffsdefinitionen, vorgeschlagene Handhabung und inhaltliche Struktur

(Seite 29 – 31)
Ich möchte zum besseren Verständnis die grundlegendsten Begriffe dieses Buches klar definieren, um so gut als möglich sicherzustellen, dass wir vom Selben sprechen und wir die Dinge gleich verstehen.

Wenn ich in der Folge von Gott spreche, dann meine ich keinen Gott in Menschengestalt, auch keinen Gott, der über uns wacht. Ich meine damit die Quelle allen Seins! Ich meine den Ursprung von wirklich allem und jedem. Ich meine damit den Anfang und das Ende, einfach alles, was wir uns vorstellen und auch nicht vorstellen können. Ich meine das, dem man keinen Namen geben kann, vor allem nicht mit unserem Verstand. Nichts kann es in Worte fassen, nur ein Gefühl in unserem Herzen kann es beschreiben, als eine Empfindung tiefen Friedens und allumfassender Liebe und immer ganz ohne Wertung, ohne Tadel, ohne Lob und ohne Sünde, einfach ohne Bedingungen. Gott ist das Namenlose, er ist alles und alles ist Energie, ist die eine Energie aus der alles stammt.

Den göttlichen Aspekt in jedem Menschen nenne ich „das Selbst“ und unseren menschlichen Teil „das Ich“. Der Ausdruck „Selbst“ wird hingegen von manch anderen eben genau für dieses „Ich“ herangezogen (auch von Eckhart Tolle). Dieselben unterscheiden dann meist zwischen dem „normalen“ (meist belasteten und unreinen) Selbst und einem Höheren Selbst, welches wiederum diesen zweiten, göttlichen Teil in uns meint. Der Mensch besteht ja gemäß der Polarität (S.41) immer aus zwei Teilen, jedoch immer aus zwei gleichwertigen und auch sich gegenseitig bedingenden Teilen. Genau aus diesem Grund kann sich in dieser Welt unsere Seele, als ein Teilaspekt des großen Ganzen, nur durch dieses polare Ich der jeweils individuell stattfindenden Inkarnation erfahren. Wenn sich dann unser menschlicher Teil („das Ich“) seines göttlichen Aspekts („das Selbst“) bewusst wird, kommen wir in unser wahres Sein und beide miteinander verbunden vereinen und erfahren sich in der Einheit. An diesem Punkt kommt es meiner Meinung nach zu einem gravierenden Missverständnis eines großen Teils der spirituellen Bewegung. Das Ich wird dann dem Ego gleichgesetzt und um Spiritualität und somit auch Gott erfahren zu können, müsse das Ego „vernichtet“ werden (also in diesem Fall auch das Ich). Dem stimme ich, wie schon beispielsweise auch Rudolf Steiner, zum Teil auch Thorwald Dethlefsen, Siegfried Essen und viele andere, nicht zu. Der Mensch in seiner Polarität auf Erden, besteht wie gesagt aus zwei Teilen und diese gilt es in Verbindung zu bringen, sie zu Einem und somit ganz werden zu lassen. Das ist dann die Einheitserfahrung, das ist der Weg, um sich mit der Quelle zu verbinden und um in diese allumfassende Liebe einzutauchen. Manche mögen das dann vielleicht Erleuchtung nennen, ich nenne es: „Das Leben zu lieben und die Liebe zu leben.“ Nun folgt aber auch gleich ein zweiter daraus resultierender Denkfehler, das so genannte „Auflösen“ bzw. „Töten“ unseres Egos. (S.52) Wenn wir unser Ego tatsächlich vernichten, dann verschieben wir damit diese Anhaftungen des Egos an das Ich aus unserem Spektrum und so haben wir es erneut ins Unbewusste, also in den Schatten verschoben (S.64) und dort wollen wir unsere aufgelöste Dinge sicherlich nicht wieder suchen müssen.

Obwohl dieses Buch natürlich auch gerne als eine Art spirituelles Lexikon genutzt werden kann, empfehle ich es einmal von vorne weg zu lesen. Damit sind vor allem die Seiten gemeint, auf denen ich die universellen Prinzipien als „das 1×1 der Spiritualität“ zusammengefasst habe. Diese sind in derselben Schrift, wie hier gerade eben, geschrieben und umfassen etwas mehr als die Hälfte des Buches. Die andere Hälfte, in kursiver ein wenig kleinerer Schrift, setzt sich aus unterschiedlichen Situationen meines Lebens zusammen, welche hauptsächlich zur Auflockerung, aber auch zur Darstellung einiger besonderer Entwicklungsschritte dienen. Hauptaugenmerk sollte man jedoch auf den anderen Teil richten, in dem sich alles im Nichts erschließt, wo der Mensch auf Gott trifft und sich unser wahrer Sinn in seinem ganzen Sein zeigt. Nichts kann groß werden, bevor es nicht klein war, nichts kann zu Ende gehen, ohne angefangen zu haben, und so bedingt jedes der folgenden Themen dieses Buches am besten auch immer das Wissen über die vorhergegangenen. Auf diese Weise kann das Buch auch perfekt als Grundlage für eine Neu-Ausrichtung dienen, als ein einfaches Instrument und als eine Hilfestellung oder als Inspiration. Es besteht dabei nicht aus hierarchisch angelegten und starren Regeln, vielmehr beschreibt es aufbauend, wie wir und die Welt gedacht sind, wie sich das Leben uns darstellt und was es für uns dabei zu erkennen und aufzulösen gilt. Des Weiteren werden auch verschiedene Lebensbereiche, unterschiedliche Prozesse, Situationen und Gegebenheiten auf ihre spirituelle Essenz komprimiert und in deren höheren Sinn zusammengefasst. Im Zuge dessen stößt man auf diverse Vorgehensweisen, Techniken und Empfehlungen, womit dieses Buch auch als praktisches Arbeitsbuch genutzt werden kann. Im letzten Teil geht es dann darum, wie Du das alles umsetzen kannst, auf was es wirklich ankommt, was Dir vielleicht noch fehlt und was Du im Jetzt dafür tun kannst.

Wir sollten dabei nie vergessen, dass alles von jeder und jedem geschafft werden kann und dennoch sind wir alles, was wir sind, nur deswegen, weil wir im Austausch und in Verbindung mit anderen standen. Wenn wir von uns alles abziehen würden, was wir jemals von anderen gelernt, gesehen oder übernommen haben, dann könnten wir weder gehen noch sprechen, gerade atmen würden wir noch, und auch das nicht mehr, denn wir wären schon längst gestorben. Damit möchte ich ausdrücken, dass Du vielleicht – und ich bin mir eigentlich sicher –bereits so weit bist und dich deine Vergangenheit mit allem und je- dem darin genug gelehrt hat, um nun Dein wahres Sein erkennen und somit auch Dein Erwachen zulassen zu können. Dieses Handbuch kann für jeden Menschen der sprichwörtliche Tropfen sein, der sein persönliches Fass zum Überlaufen bringt, Dein Fass, gefüllt mit allem, was Du bisher in deinem Leben erfahren und gelernt hast, unabhängig davon, wessen Du Dir schon bewusst bist oder nicht. Ich freue mich jedenfalls riesig, sollte ich dazu einen kleinen Beitrag für Dich leisten können.

Jetzt bleibt mir nur mehr, Dir viel Spaß beim Lesen, beim Erkennen, beim Erleben sowie auf Deinem Weg Deiner Bewusstwerdung und Seinsfindung zu wünschen. Alles Liebe Dir und allen Wesen!

Gott und der Mensch

Du kannst die Herrlichkeit, die Schönheit
und die Göttlichkeit der Dinge nur deshalb
erkennen, weil du sie auch in dir trägst.

(Gesetz der Resonanz)

(Seite 39 – 40)
Gott ist für jeden etwas anderes und doch ist Er/Sie/Es für alle das Gleiche. Es ist kein Mensch, es ist Alles in Allem, es ist das Ganze, die Einheit, es ist die Energie in, von und aus allem. Es ist der Ausgangs- und der Endpunkt, das Alpha und das Omega, die Quelle allen Seins. Es ist das Nicht-Polare und so ist es das Namenlose, denn der polare Verstand kann die Einheit nicht erfassen! So ist es weder er noch sie noch es, weder gut noch böse, er, sie, es ist wir. Wir alle sind Gott und er ist in uns allen, denn wir sind ein Teil des Ganzen, ein Teil der Einheit.

Der Mensch entstand ursprünglich durch die Trennung von Gott und so sind wir keine menschlichen Wesen, die eine spirituelle Erfahrung machen wollen, wir sind spirituelle Wesen, die eine menschliche Erfahrung machen. Wir sind nicht „Mensch, weil wir denken“, wie R. Descartes es so fälschlich und so prägend für dutzende Generationen beschrieb. Wir sind, J. P. Satres Ansatz weitergedacht, „das Bewusst-Sein, welches bemerkt, dass es denkt.“ Wir sind also nicht unsere Gedanken, wir sind auch nicht der Denkende, wir sind das Bewusstsein dahinter. Das Bewusstsein, welches das Denken und Fühlen erst ermöglicht.

Wir alle bestehen gemäß der Polarität einerseits aus dem Ich, unserem menschlichen Teil, und andererseits aus dem göttlichen Aspekt, unserem Selbst in seinem individuellen Ausdruck als unsere Seele, oft auch als Intuition oder Herzqualität wahrnehmbar. Viele weitere Begriffe können hierfür herangezogen werden, weswegen es auch leicht zu Verwirrung kommt. Viel wichtiger ist es deshalb, das dem (und somit auch uns) zugrundeliegende Prinzip zu verstehen, dass ohne unseren einen Teil, dem Ich, keine menschliche Erfahrung möglich wäre, und da wir alle aus der Einheit, der einen Quelle, kommen, wiederum auch das Göttliche immer der andere Teil in uns ist.

Sich dieser beiden Instanzen bewusst zu werden und sie vermehrt zu einem Ganzen zu verbinden, ist der wahre Sinn unserer menschlichen Erfahrungen, und das betrifft uns alle und kann heutzutage auch jedem gelingen. Wenn, dann stehen einem meist nur sein Ego und seine Schatten im Weg, also unsere verdrängten Gefühle und unser Verstand mit seinen Anhaftungen und Vorstellungen. („Das Ich und sein Ego“ S.52 und „Gefühle fühlen, Gedanken erkennen“ S.74)

Polarität und Dualität

Entstehung und Grundlage der Menschheit

„Als Adam und Eva aus dem Paradies flogen,
trennte sich der Mensch von Gott. Dadurch
erst wurde es möglich, die Welt zu erkennen und
zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Gott
kann nicht erkennen, denn er ist und weiß alles.“

(Thorwald Dethlefsen)

(Seite 41 – 42)
Die Polarität stellt in Wahrheit nichts Negatives dar, vielmehr ist sie das große Geschenk, der wahre Ursprung des Menschseins und so auch der Schlüssel zur Einswerdung hier auf Erden. Die Polarität macht unsere menschlichen Erfahrungen erst möglich, sie ist die Grundvoraussetzung der Menschheit, um die Welt überhaupt wahrnehmen und erkennen zu können. Der Mensch entstand durch die Trennung vom Ganzen, von der Quelle, und so können wir auch alles nur getrennt, also polar wahrnehmen. Erst unser Unterscheiden macht ein Erkennen möglich, zwischen Gut und Böse, Oben und Unten, Hier und Dort. Wir können in einem Moment immer nur die eine oder die andere Seite einer Sache erleben, nie beide gleichzeitig. Wir trennen mit jedem Erkennen, aber auch mit jeder Entscheidung: Bleiben oder gehen wir? Gehen wir hier oder dahin? Mag ich es oder nicht? Esse ich jetzt oder später? Atme ich ein oder aus? Beides geht in unserer polaren Welt niemals gemeinsam, obwohl es zusammengehört. Das eine bedingt sogar immer das andere, es ist ein Teil von ihm und erst gemeinsam wird es zu einem Ganzen. Erst wenn wir uns dem voll hingegeben, und so die Polarität er- und durchlebt haben, Erfahrungen gemacht und daran gewachsen sind, wird die Einswerdung möglich. Und diese kann jeder erleben, es ist sogar der letztliche Sinn unseres Daseins:

Das Getrennte, das zuvor ein Ganzes war, als Mensch er- und durchleben, um es zusammenzuführen und es dadurch ganz werden zu lassen, um den einzigen Unterschied zu Gott, die Polarität, zu überwinden. So hatte folglich in der christlichen Schöpfungs-Geschichte auch niemand Unrecht mit der Entscheidung, den Apfel zu essen. Adam und Eva waren Gott, wir waren eins mit ihm, wir waren die Einheit und so waren und wussten wir, gleich ihm, alles. Wir konnten nicht erkennen, so auch nicht zwischen Gut und Böse unterscheiden und deswegen auch keine „Sünde“ begehen. Eigentlich entstand erst genau in diesem Moment des Apfelessens die jetzige Menschheit. In Wahrheit ist der sogenannte Sündenfall also ein bedeutender und huldigungswerter Moment und absolut frei von dieser christlich verstandenen Schuld.

Diese Art der göttlichen Manifestation als Mensch wurde nur durch die Polarität, nur durch den Aufbau eines eigenen Ichs und der Trennung von der Einheit, möglich. Diese Trennung findet alleine auf der menschlichen Ebene hier auf Erden durch unser eigenes Vergessen statt und wird bei fortschreitender Bewusstwerdung immer mehr überwunden, um sich wieder bewusst und aus der freien Entscheidung heraus mit dem großen Ganzen zu verbinden und um so wieder eins mit der Quelle, mit Gott, zu werden.

Das Ich und sein Ego

„Unser Ego verhindert oft, dass man
seinen wahren Wert und seine Würde
erkennen kann, aber auch wie weit
man in seiner Entwicklung bereits
gekommen ist und was man auf
seinem Weg schon alles geschafft hat.“

(Seite 48 – 57)
Sein Ego zu durchschauen und so sein wahres Ich davon zu befreien ist der erste und vielleicht auch der wichtigste Schritt, um die Prinzipien des Lebens in ihrer Ganzheit wahrnehmen zu können. Es ist der notwendige Schritt um überhaupt offen für diese ursprüngliche Wahrheit sein zu können. Bereit zu sein, das Große und Ganze zu erkennen, zu dem der Mensch, in seiner Trennung durch die Polarität, nicht fähig ist. Wenn wir dann anfangs doch das Gefühl haben es bereits zu können, dann spielt unser Ego dem Ich das meist nur vor. Es will damit etwas Besseres, spiritueller oder erleuchteter als andere sein. Darin liegt auch die vielleicht größte Heimtücke eines Selbstfindungsprozesses, dass wir einige Zeit lang oder manche vielleicht auch nie bemerken, dass wir unseren Weg ursprünglich als Ego gestartet haben. Die meisten von uns beginnen einen solchen Weg ja deswegen, weil sie mit irgendetwas in ihrem Leben unzufrieden sind oder gewisse Aspekte oder Gegebenheiten ablehnen bzw. ändern oder verbessern wollen. Auf jeden Fall handelt es sich bei all diesen Beweggründen um Wünsche unseres Ego-Bewusstseins. Doch das soll für einen bewusster werdenden Menschen kein wirkliches Problem darstellen, denn alles kann von uns immer und zu jeder Zeit erkannt werden, schließlich tragen wir alle neben unserem Ich mit seinen Ego-Anhaftungen auch die Non-Dualität, unser göttliches Selbst in uns.

Das Ich ist in seinem Ursprung frei vom Ego und weder gut noch böse, vielmehr ist es die höchste und zugleich tiefste Polarität der Menschheit und stellt somit den Ursprung der Trennung von Mensch und Gott dar. Psychologisch entwickelt sich das Ich ausnahmslos bei jedem Kleinkind, indem es lernt, jemand anderer als seine Mutter zu sein. Die erste von unzähligen weiteren Trennungen: Ich, mein, mich – Du, dein, dich! Auf physischer Ebene erleben wir das auch alle, nämlich gleich am Anfang unseres Lebens, als Neugeborene: Entrissen dem Uterus, getrennt von der Nabelschnur, von der Nahrungszufuhr abgeschnitten und somit erstmals nach neun Monaten nicht in der gewohnten wohligen Verbundenheit mit unserer Mutter. Mit der Zeit lernen dann alle Kinder ganz automatisch zwischen den Dingen zu unterscheiden, sie zu trennen und so wird es erst möglich diese überhaupt zu erkennen. Jeder Mensch muss das lernen, denn nur so können wir uns in dieser polaren Welt zurechtfinden und wir tun dies gleich beeindruckend, wie wenn wir ganz automatisch das Gehen, Sprechen und alles andere lernen. In selbiger Zeit entwickelt sich parallel dazu auch noch unser jeweiliges Ego mit seinen Anhaftungen an das Ich. Dies geschieht infolge der uns (vor)gelebten Einstellungen, Erwartungen, Meinungen, Bewertungen, Verhaltensmuster und Glaubenssätze unserer Eltern, des Familienverbandes, der Freunde, des familiären wie auch des sozialen Umfelds, also allgemein der Gesellschaft und auch des Kollektivs und des Kulturkreises, in dem wir aufwachsen.

Später, an einem gewissen Punkt seines Erwachsenenlebens, meist wenn man sich die Frage nach dem Sinn des selbigen stellt, heißt es dann für immer mehr Menschen, dieses Ego-Prinzip, vielleicht das erste Mal bewusst, zu durchschauen. Damit wird einem ermöglicht, sein eigenes Ego-Bewusstsein immer leichter erkennen zu können und so diesem fortan keine Energie oder Macht mehr zu verleihen. Auf diese Weise fördert man sein reines Ich zu Tage, den menschlichen Teil in uns, der naturgemäß, wenn er unbeeinflusst vom Ego wäre, frei von Begrenzungen, Bewertungen und Verurteilungen ist. Ab dem 2. bis 3. Lebens-jahr etablieren sich also unbewusst immer mehr diese Anhaftungen an das Ich, in Form von gelernten oder übernommenen Handlungsweisen, Bewältigungs- wie Lösungsstrategien, Grundsätzen und Einstellungen, welche sich in uns wiederum als Prägungen, Verstrickungen und Verhaltensmuster festigen. Das geht so lange, bis man schließlich damit beginnt, sich dessen bewusst zu werden, um in weiterer Folge sein Ich davon zu lösen. Wenn sich dann ein vom Ego befreites Ich in seiner ganzen Reinheit mit seinem zweiten (göttlichen) Teil verbindet, dann nennen wir das oft auch „auf sein Herz hören“, „seinem Bauch, seiner inneren Stimme oder seiner Intuition folgen“. Dann sind wir in unserer Mitte und mit dem großen Ganzen verbunden. Das Prinzip Mensch bedeutet also weder unter, noch mit seinem Ego zu leben, aber auch nicht, dieses zu verdrängen, sondern sein Ich davon zu lösen und somit frei von dessen Anhaftungen zu sein.

An diesem Punkt möchte ich einen gleichermaßen schwerwiegenden wie weit verbreiteten Verständnisfehler und seine daraus resultierenden, oft tiefgreifenden und meist überraschend auftretenden Ausmaße näher erläutern: Wohin lösen denn viele diese Eigenschaften ihres Egos, ihre Anhaftungen an das Ich, auf? Wo sind diese dann zu finden, nachdem man sich von ihnen gelöst und sein Ich davon befreit hat? Der Fehler liegt darin, sich seines Egos entledigen zu wollen, womit man auch all dessen Aspekte verschwinden lässt, nur wohin? Meistens in den Schatten, ins Unbewusste, wo ich es nicht mehr sehen kann, wo wir glauben, dass es uns nicht mehr betrifft. In diesem Zusammenhang bleiben aber die Polarität, der Schatten (S.64) und auch der psychische Spiegel (S.67) unberücksichtigt. So löst man zwar sich, bzw. sein Ich, kurzfristig von den Verstrickungen seines Egos (S.83), jedoch ohne sie transformiert oder sich von ihnen gelöst zu haben. Auf diese Weise bleibt alles weiterhin bestehen, auf derselben oder auf anderen Ebenen. Nachdem wir uns derer zuvor klar geworden sind und sie in unser Bewusstsein gehoben haben, befördern wir sie auf diese Weise nun unweigerlich erneut in unser Unterbewusstsein und von dort beeinflussen sie dann weiterhin entweder unbemerkt unser Denken, Handeln und Fühlen und zeigen sich auch im Außen als Spiegelungen unserer Schatten oder sie manifestieren sich im Inneren als Blockaden oder Symptome.

Unsere Aufgabe ist es daher, sich seines Ichs als Trennung zur Einheit, und seines Selbst als seinen göttlichen Teil, bewusst zu werden. Was in weiterer Folge bedeutet, das Geschenk des Menschseins auf Erden mit seinem reinen Ich zu erleben, sich seiner selbst immer bewusster zu werden und so schlussendlich sein Ich mit seinem göttlichen Teil zu verbinden. Damit erfahren wir den Geschmack der Einheit und werden so auch immer authentischer, um fortan all unsere Möglichkeiten und wahren Freuden zu Tage zu fördern. Auf diese Weise treten wir mit dem Leben und der Welt in eine neue Beziehung, in feinerer Qualität und höherer Schwingung. Die losgelösten Ego-Anhaftungen werden dabei weder vernichtet, verteufelt, verurteilt oder verdrängt. Besser ist es, man löst sich und sein Ich von ihnen, indem man diese weder bewertet noch ablehnt. Man fällt einfach die Entscheidung, sich davon nicht mehr unbewusst beeinflussen zu lassen, und gleichzeitig bleibt man sich ihrer als eine seiner zahlreichen Möglichkeit bewusst, als Optionen eines (alten) Teils seines Ichs, welchen man nicht mehr nutzen möchte, dessen Daseinsberechtigung jedoch in der Vergangenheit sehrwohl gegeben war und für die Zukunft weiterhin bestehen bleiben darf, jedoch nicht weiter von einem genutzt werden will.

Wir erleben als Menschen auf Erden die schönste
Zeit, denn uns wird mit der Polarität, in Form
unseres persönlichen Ichs und des göttlichen Selbst,
eine Wahlmöglichkeit mehr geschenkt als sie Gott hat,
nämlich das Geschenk der menschlichen Erfahrung.

Das Ich ist also für den Menschen auf Erden lebensnotwendig, im physischen wie auch im psychischen Sinne, doch um wieder zurück in die Einheit zu gelangen, um wieder ganz zu werden, darf es erstmals vom Ego befreit werden. Wir lösen uns vom Ego-Bewusstsein, indem wir dessen Prinzip, seine Strategien und inhaltliche Formen erkennen, ihm weiter weder Beachtung noch Energie schenken und uns entscheiden, fortan nicht mehr auf diese Möglichkeiten zurückzugreifen. Wir befreien unser Ich von seinen Anhaftungen und lassen uns im Weiteren nicht mehr von diesen bestimmen, immer unter der Prämisse und des Wissens um die:

GÖTTLICHKEIT VON ALLEM UND JEDEM!

Diese fünf Wörter sind, so wie sie geschrieben stehen, unumstößlich, sie beschreiben den Kern der absoluten Wahrheit. Erkennt man das dann als sein neues Weltbild an, wird man sich immer mehr der unterschiedlichen Formen seines Ego-Bewusstseins, seiner Rollen und auch derer Entstehungen bewusst. Das Ego entsteht für jeden Menschen ganz automatisch und mit absoluter Sicherheit! Es verliert sich meist in Gedanken, es ist leicht verführbar und wird von vielen und aus vielen Gründen beeinflusst. Ob von den Eltern und dem, was sie Erziehung nannten, ob durch das Umfeld, seine Freunde oder einfach alles, was man je gesehen hat und was einem je vorgelebt wurde. Des Weiteren finden auch noch gelenkte Manipulationen durch Staaten, Regierungen, Firmen, Interessengemeinschaften, Religionen und einiger mehr statt. Die möglichen Beeinflussungen scheinen schier unbegrenzt zu sein, doch das hilft uns auch dabei, unser Ego-Bewusstsein leichter unterscheiden und damit erkennen zu können. Wenn so gut wie alles beeinflusst wird, dann bedeutet der Gegenpol dazu auch, dass ein bestimmter Teil immer unbeeinflusst bleibt, nämlich das Göttliche in uns. So ist es einfach und ein Leichtes, sich bei jeder seiner Gedanken und Handlungen folgende Fragen zu stellen:

„Fühle ich mich dadurch schlechter oder besser als andere?
Trenne ich mich damit (von anderen)?
Hebe ich mich auf diese Weise mehr hervor, oder auch jemand anderen, bzw. eine bestimmte Seite oder Sache?
Liegt darin eine Bewertung oder gar eine Verurteilung?
Geht es dabei um Sorgen über die Zukunft oder um Ängste aus der Vergangenheit?
Widerspreche ich damit dem Prinzip, dass alles und jeder göttlich und ein Teil der Einheit ist, dass wir alle gleich sind?“

…und Zack!!! …schon haben wir unser Ego!!!

Das Ego beherrscht einen unbewussten Menschen in den meisten seiner Gedanken, seiner Gefühle, seinen Einstellungen und seiner Sicht auf und über die Welt! Unser Ego-Bewusstsein be- und verurteilt andauernd sich und andere! Schnell lässt es einen sich besser vorkommen oder eben auch schlechter, denn es ist immer entweder Opfer oder Täter! Unsere Ego-Gedanken lieben die Dramatik, das Leiden, das Verweilen in Sorgen, Ängsten oder negativen Gedanken und Gefühlen! Das Ego be-schäftigt sich liebend gerne mit der Zeit, es scheut jedoch das Jetzt, so möchte es auch stets dem gegenwärtigen Moment entfliehen!

Immer wenn man sich Sorgen um die Zukunft macht und Trauer oder Ärger über Dinge aus der Vergangenheit verspürt, hält einen das Ego in seinem Bann und so auch in den gestauten und verdrängten Gefühlen! („Das Innere Kind und Verstrickungen“ S.83) Unser Ego-Bewusstsein bleibt gern beim Alten, es vermeidet prinzipiell Veränderungen, es mag auch keine neuen Erfahrungen und wenn, dann will es natürlich gleich ein Über-Ego oder ein Super-Ich werden und somit besser als andere sein.

Abschließend sei angemerkt, dass es absolut nicht wichtig ist, einen Grund für sein Ego-Bewusstsein zu finden oder ergründen zu wollen, warum oder woher diese Strukturen stammen, also wer oder was Schuld hat. Auf diese Weise bleibt man nämlich weiterhin Opfer (S.100) und findet so nur schwer in seine Schöpferkraft.

Zu empfehlen ist es also, sein Ego immer bewusster wahrzunehmen, es auch anzuerkennen und dann sein Ich liebevoll und mit Dankbarkeit davon zu lösen, immer wieder aufs neue, bis dessen Anhaftungen nur mehr Optionen bleiben und diese nicht mehr zwischen seinem Ich und dem Selbst stehen.

Mein Ego als Co-Pilot

Nach vielen Jahren freundschaftlicher Ehe, gefolgt von vier Jahren harten Kampfes gegen die Erkrankung meiner Frau, nach vielen Jahren der Aufopferung für andere, für den Job, für unsere Angestellten, für mein politisches Engagement, für die Familie, für den Versuch materiellen Wohlstand zu erreichen, fand ich mich schließlich auf dem Jakobsweg wieder. Ich erfüllte mir diesen lang gehegten Traum, um Bestätigung für mein nun neues, spirituelles Leben zu erhalten, aber auch, um nach langen Jahren wieder als Markus, als Mensch und ebenso als Mann gesehen zu werden, und diese acht Wochen quer durch Spanien sollten mehr als erfüllt davon sein. Ich lernte viele sehr nette und einige ganz besondere Menschen kennen und auch ich war für andere oft ein Quell großer Freude und Bereicherung. Meine Männlichkeit wurde seit vielen Jahren endlich wieder wahrgenommen und ich erlangte seit langem wieder einen Einblick in die Liebe und Zärtlichkeiten zwischen Mann und Frau. Ich fühlte mich von Beginn an auf meinem Weg und in meiner neuen Lebensausrichtung bestärkt. Darüber freute sich jedoch nicht nur mein Ich, sondern ebenso auch mein Ego. Dieses war insgeheim stolz darauf, zwar mit mir, aber dennoch irgendwie unter seiner Führung, diesen Weg der Suche, erleuchteter oder spiritueller als andere zu werden, zu beschreiten.

Nach 45 Tagen kam ich in Begleitung von Nermana und Karmela (aus Sarajevo und in München lebend), meiner bis dahin engsten, jemals im Urlaub entstandenen Freundschaft, in Santiago de Compostela an. Ein paar Tage später, auf dem Weg zum Kap Finisterre, dem im Mittelalter genanntem „Ende der Welt“, traf ich dann „zufällig“ wieder auf Victoria. Diese hatte ich eine Woche zuvor mit Karmela kurz kennen- und in diesem Moment auch lieben gelernt. Das erste Mal seit über 12 Jahren hatte ich wieder Schmetterlinge im Bauch. Ich dachte nicht, dass ich solche Gefühle noch in mir hätte, und schon gar nicht, dass ich sie hier am Camino erleben würde. Die zwei folgenden gemeinsamen Tage am Atlantik waren ein beinahe unglaubliches Ende einer noch viel unglaublicheren Reise. Wer es aber zum Schluss auf keinen Fall glauben konnte, war mein Ego, denn meine neue spanische Liebe wollte mich nicht als Freund haben, zumindest nicht für die Zeit danach. Sie konnte es sich einfach nicht vorstellen, sich irgendwann in ihrem Leben nochmals auf eine Partnerschaft einzulassen. So blieben wir danach zwar in Kontakt, aber mit dem beidseitigen Einverständnis, dass unsere gemeinsame Zeit ein magisches Erlebnis auf einem magischen Jakobsweg war und auch bleiben würde.

Einen Tag, nachdem Victoria mit dem Bus nach Hause in Richtung Rioja gestartet war, saß ich alleine in meinem Lieblingsrestaurant am Hafen von Muxia. Auf einmal bekam ich auf Facebook eine Freundschaftsanfrage. Das war der Moment, wo der wichtigste Mensch meiner damaligen Entwicklung in mein Leben trat, Petra aus Graz! Zurück zu Hause trafen wir uns ein paar Mal und wurden bald ein Paar. Zugegeben, die Beziehung hatte in ihren sechs Monaten einige Unterbrechungen und mehrere Stolpersteine, trotzdem oder vielleicht gerade deswegen war sie die energetischste und die spirituellste meiner bisherigen Beziehungen. Petra ist eine sehr beeindruckende Frau, die viel erlebt und durchgemacht und die ihre Vergangenheit auf bewundernswerte Weise gemeistert hat. Sie ist ein Mensch, der schon viele Jahre einen tiefgehenden spirituellen und gleichzeitig voll in der Gesellschaft verwurzelten Weg beschreitet. In unserer gemeinsamen Zeit durfte ich erfahren, wie tief, wie ehrlich und wie intensiv Liebe und Zärtlichkeit sein können. Dennoch pfuschte ich mir mit meinem Ego immer wieder unbewusst dazwischen, und das, obwohl ich mich bereits für so weit gekommen hielt. Mir war es damals unmöglich zu erkennen, dass nicht nur ich sondern auch mein Ego auf dieser spirituellen Reise unterwegs war. Am Ende zerstörte ich vollkommen unnötig und ohne tiefere Absicht ihr grenzenloses Vertrauen in mich. Wenn man nicht ehrlich zu sich selber ist, kann man gar nicht ehrlich zu anderen sein. Diese Lektion durfte ich auf schmerzlichste Weise erfahren. Nichts in meiner Vergangenheit habe ich mehr bereut, keine Beziehung oder Freundschaft war mir neben meiner Ex-Frau wichtiger, kein „Fehler“ war emotional tiefgehender. Mittlerweile weiß ich aber, dass alles gut war, so wie es gekommen ist, jedoch war mir das für lange Zeit nicht möglich gewesen. Am Valentinstag, drei Wochen vor dem Ende dieser Beziehung, saßen wir zwei Verliebten im besten Steakhaus der Stadt. Im Laufe des Abends bekam ich einen Anruf von Victoria, den ich in diesem Moment nicht einmal wirklich registriert hatte, und den ich auch erst einen Tag später mit einer Textnachricht erwiderte. Ich erwähnte es jedoch gegenüber Petra nicht, viel schlimmer war aber noch, dass ich bis dahin Victoria nichts von Petra erzählt hatte, darüber dass ich mittlerweile eine geliebte Freundin gefunden habe. Warum tat ich das nicht? Wie konnte ich mich so fahrlässig und so unangebracht verhalten? Einige Wochen und ein paar hundert Kilometer auf dem Via de la Plata später, sollte ich erkennen warum. Ich war nämlich noch immer von meinem Ego bestimmt. Ich bemerkte damals nicht, dass ich in Verbindung mit meinem verletzten Ego diese Zurückweisung aus Spanien noch nicht verkraftet hatte. Tief in mir war ich, bzw. mein Ego-Bewusstsein mit seinem falschen Männer-Stolz, immer noch verletzt, von Victoria so zurückgewiesen worden zu sein.

Die tragische Geschichte zwischen Petra und mir, der ich mittlerweile auch für die ihr inneliegenden Erkenntnisse dankbar sein kann, gipfelte in einem so unglaublichem Ende, wie es unserer einzigartigen Beziehung nur gerecht war. Es handelte sich bezeichnenderweise um einen Traum, der das zu Tage förderte, was ich nicht wusste, der den Schatten ans Licht brachte, den ich nicht sehen konnte. Petra ist sich ihrer Träume schon lange sehr bewusst, sie führt ein Traumtagebuch und ist sich auch meist der Symbolik ihrer Träume im Klaren. Wie unendlich ehrlich, aber auch wie ungemein schonungslos das Universum sein kann, zeigte sich dann eine Woche vor der Abreise zu meinem 2. Jakobsweg. Sie träumte, dass wir in besagtes Steakhaus gingen, genauso wie ein paar Tage zuvor. Als wir am Tisch Platz nehmen wollten, versuchte die Servicekraft Petra zu hindern, sich auf den Stuhl neben mich zu setzen, und erklärte „Hier ist bereits für die Eitelkeit reserviert.“ Später, als wir im Laufe des Traums das Lokal verließen, und hier handelte es sich exakt um den Zeitpunkt, zu dem ich den auf stumm geschalteten Anruf aus Spanien erhielt, rief die Kellnerin Petra lauthals hinterher, dass nun noch ein Anruf für sie gekommen wäre, „Das Ego ist dran.“ Als Petra dies bezweifelte, bestand sie vehement darauf, Petra solle ihr zum Telefon folgen. Damit endete der erste Teil dieses wahnwitzigen Traums. Den zweiten Teil erzählte sie mir damals nicht weiter und leider kam es auch nie mehr dazu.

Als sie mich zwei Tage darauf nach meiner Einschätzung zu ihrem Traum bat, fiel mir anfangs Victorias Anruf nicht einmal ein. Zu diesem Zeitpunkt verband ich den Anruf überhaupt nicht mit diesem, zwischen uns so wunderschön verlaufendem Valentinstag. Doch einen Abend später, es ließ ihr einfach keine Ruhe, war ich ein zweites Mal unehrlich zu ihr. Das erste Mal war ich es, als ich die ganze Zeit gegenüber Victoria nichts von ihr erwähnte. Dabei war ich mir einerseits nicht bewusst, wie überaus wichtig und auch gnadenlos Petras Anspruch an Ehrlichkeit war und welch extremen Vertrauensverlust ich mit so einem Verhalten auslösen würde, und andererseits, wie sehr in Wahrheit mein falscher Stolz gekränkt war und wie sehr ich mir das nicht eingestehen konnte. Kurz nach unserer Trennung kam dann die große Ernüchterung und ich konnte es kaum fassen, meinem Ego so lange, so oberflächlich und vor allem so unnötig auf den Leim gegangen zu sein. Ich hatte mich im Grunde schon längst für eine Beziehung mit Petra entschieden, doch gegenüber Victoria dazu zu stehen, fiel mir und meinem verletzten Ego nicht einmal ein. Irgendwie wollte ich mir wohl ein Hintertürchen offen halten, obwohl ich weder vorhatte noch mir wünschte, ein solches zu nützen. Die Zeit mit Victoria war im Herzen definitiv vorbei, nur dazu stehen konnte oder besser wollte ich nicht. Heute bin ich Petra überaus dankbar für unsere bewegende Zeit als Paar, für alles, was wir gemeinsam erlebt haben, was ich durch und mit ihr erfahren und erkennen durfte und auch dafür wie es schließlich geendet hat.

Wertungen und Verurteilungen

„Wenn wir andere bewerten oder verurteilen, bewerten und
verurteilen wir immer auch uns selber, einen in den
Schatten gedrängten und so auch ungelebten Teil von uns.“
(M.F.)

(Seite 58 – 61)
Wertungen und Verurteilungen sind eine markante Wesensart unseres Ego-Bewusstseins. Wenn wir davon ausgehen, dass wir alle gleich sind, in allen von uns das gleiche Göttliche steckt, alles gut ist, so wie es ist, und mir meine Umwelt immer nur das zeigt, was für mich hilfreich ist, dann entfallen sämtliche Wertungen und diese Art von Ego-Gedanken verschwinden zunehmend.

Bitte nicht falsch verstehen: Wir alle haben ganz notwendigerweise Wertungen gebraucht, um uns ein Weltbild, eine Moral und auch
Überlebensstrategien in diesem unserem polaren Leben zurechtzulegen. Jedoch auf dem Weg zur Einswerdung, zurück zum Göttlichen,
gibt es keinerlei Wertung, wobei man natürlich weiter unterscheiden und trennen kann, wie es das Ich auch gelernt hat. Ein reines Ich verurteilt und bewertet aber niemals, nur unser Ego tut dies, fast ununterbrochen, und dagegen können wir uns bewusst entscheiden.

Darin liegt wohl auch eine der größten Herausforderungen für „Fortgeschrittene“: „Nicht zu verurteilen, dass andere verurteilen. Nicht zu urteilen, wenn andere es tun, und auch nicht zu bewerten, dass andere bewerten.“ Die spirituelle Meisterprüfung ist dann, es auch nicht zu bewerten, bzw. nicht zu verurteilen, wenn andere ein unbewussteres Leben oder überhaupt kein spirituelles Leben führen. An einem gewissen Punkt seines Selbstfindungsprozesses kann es leicht geschehen, sich besser als andere zu empfinden, sich und seine Lebensweise höher oder qualitativ wertvoller als die von anderen einzustufen. Hier handelt es sich um ein untrügliches Zeichen einer Beeinflussung durch die subtilen Anhaftungen des Egos, ein wichtiger Punkt, dem sich manche nur schwer bewusst werden können. Wir sollten am Besten vielleicht anfangen damit, alles Werten und Verurteilen, und in weiterer Folge auch das Etikettieren und Benennen der Dinge und der Welt zu beenden, um schließlich die Trennung zwischen sich und den anderen, zwischen sich und den Dingen um einen herum, zwischen sich und seiner Umwelt, zwischen sich und Gott in Liebe zu überwinden.

Wer Besseres leistet, ist auch mehr wert

Mit 26 Jahren bekleidete ich im Schweizerischen Luzern, die Stelle des Filialleiters eines exklusiven Raumausstatters. Eines Tages betrat ein älterer Herr und seine, in ein viel zu enges rosa Kleid gezwängte Gattin das Geschäft. Nach einem Rundgang durch den Schauraum entschieden die beiden sich für das billigste all meiner Ausstellungsstücke, ein Keramik-Krokodil in grellem Grün, mit leuchtend roten Augen, ein Exemplar, welches ich schon lange loswerden wollte. Nach dem Kaufabschluss begleitete ich das Ehepaar hinaus, und als wir am Eingang an den beiden Marmorlöwen vorbei schritten, meinte er ganz überraschend: „Diese beiden nehme ich auch noch mit“. So unterschrieb dieser unscheinbar wirkende Mann ganz unverhofft und im Vorbeigehen einen zweiten Kaufvertrag über rund 12.000 €. Später, als er darauf bestand, dass ich ihn bei der Lieferung begleite, gestand er mir, dass er erst seit kurzem wieder selber Auto fahre und so bat er vorab um Entschuldigung, sollte es kurz mal holprig werden. Kein Wunder, als ehemaliger Haupteigner eines, wenn nicht des, größten Lebensmittelkonzerns der Welt, hatte er Jahrzehnte lang immer einen Chauffeur gehabt. Jetzt war er in Pension und weder der eine Sohn, ein Jurist oder Arzt, noch der andere, ein Diplomat, wollten seinen Sitz im Vorstand übernehmen und so hatte er „an die Amerikaner verkauft“, wie er es ausdrückte. Dieser ältere Mann lehrte mich schon damals, dass man nie genau wissen kann, wer wirklich vor einem steht und man sich nichts Gutes tut, wenn man vorschnell über andere urteilt.

Doch dieses Thema sollte mich viele Jahre später lange Zeit weiter beschäftigen, denn im Laufe meines Erkenntnisprozesses bemerkte ich vermehrt, dass ich unbewusst noch immer be- und verurteilte. Dies geschah weder wissentlich noch auf intellektueller Basis, denn verstandesmäßig war mir schon länger klar, dass wir alle gleichwertig sind, ob dick oder dünn, ob Frau oder Mann. Auch meine Werte gingen bereits viele Jahre in die Richtung eines Pazifisten und Naturschützers. Doch immer wenn mir jemand begegnete, bemerkte ich in Sekundenschnelle ein (Vor)Urteil im Kopf, meist ein von Klischees behaftetes. Trotz meines wachsenden Bewusstseins, meiner neuen Grundsätze und des Auflösens der meisten meiner Verstrickungen kamen mir mehrmals am Tag unweigerlich Verurteilungen in den Sinn, jedes Mal wenn jemand auch nur in meinem erweiterten Wahrnehmungsfeld auftauchte. Es ist mir noch immer nicht völlig egal, wenn ich darüber berichte, irgendwie handelt es sich dabei um eines der mir am peinlichsten spirituellen Arbeitsfelder. Es beschäftigte mich über Monate, sogar Jahre, dass immer wenn ich jemanden sah, ich mir in Bruchteilen einer Sekunde ein Urteil bildete. Ein Urteil oft entgegen meiner Überzeugungen, dem ich sofort innerlich widersprach und welches eine etwaige Begegnung auch meist nicht beeinflusste und trotzdem war es immer da. Ich brauchte einige Zeit, um diese spezielle Nuss zu knacken. Ich versuchte vieles und verstand kaum, warum ich diese Angewohnheit einfach nicht loswerden konnte. Ich versuchte dann für einige Monate nicht mehr dagegen anzugehen, sondern es anzunehmen und mich dafür nicht mehr zu verurteilen. Bis es mir plötzlich klar wurde und ich den Ursprung endlich erkennen durfte, den Grund, der mich mit seinen Auswirkungen gleich auf mehreren Ebenen meines Lebens bestimmt hatte. Mir fiel dabei kein konkreter Glaubenssatz ein, sondern vielmehr eine generelle Haltung meiner Eltern, die ich anscheinend sehr früh und vielschichtig übernommen hatte: „Wer Besseres leistet, ist auch mehr wert. Wer besser ist, der verdient mehr Beachtung und größeres Ansehen.“ Auf diese Wertigkeit, auf diese Definition des Wertes eines Menschen und auf diese Haltung gegenüber Leistung und Erfolg ruhten im Laufe meines Lebens die unterschiedlichsten Einstellungen und Ansichten. Zum Beispiel klärte sich dadurch auch auf, warum ich es lange nicht schaffte, mir im TV anzusehen, wenn sich jemand blamiert, ihm oder ihr ein grober Fehler unterläuft oder jemand vehement einen falschen Standpunkt vertritt. Auch mein großer Stolz, oft gefolgt oder vorhergehend einem unterschwelligem Minderwertigkeitsgefühl, wenn ich etwas besser oder meinem Empfinden nach schlechter als andere erledigt hatte, fußten darauf. In vielen Belangen definierte ich so meinen Wert und auch den anderer alleine durch Leistung und Erfolg. Dies galt in der Schule, unter Freunden, aber auch in der Sexualität und dennoch wurde ich zu keinem sogenannten Leistungsschwein. In vielen Bereichen griff ich hingegen lieber auf unterschiedliche Vermeidungsstrategien zurück, um diesem Wertesystem von Grund auf zu entgehen.

Der Schatten

Die Schatten auf der
Leinwand machen
ein Gemälde erst
zum Kunstwerk.
(allgemein)

(Seite 62 -66)
Der Schatten ist der andere Pol unseres Gelebten, der verdrängte und unbewusste Teil von uns, in uns. Er ist das, was wir an uns nicht sehen wollen, meist nicht sehen können, und von dem wir uns einfach nicht vorstellen können, dass es auch ein Teil von uns und somit ein Teil unseres Ganzen sein soll. Schon C. G. Jung wies vor über 80 Jahren darauf hin, dass alles Unbewusste den psychischen Schatten ergibt und auch, wie wichtig es ist, sich diesem zu stellen. Es ist sogar eine Grundvoraussetzung, um sich als ganzer Mensch wahrhaft kennenlernen zu können. Schatten entsteht ganz automatisch immer, wenn ich mich für das eine entscheide und dabei das andere, den Gegenpol, verdränge. So bin ich mir der Ganzheit, bestehend aus beiden Polen, nie wirklich bewusst. Das beginnt bereits in frühester Kindheit, wenn wir unser Ich entwickeln und zwischen Ich und Du, zwischen mir und dir trennen. Wir entscheiden uns für das eine und lernen, meist durch die Bewertungen und Handlungsweisen der Menschen um uns herum, das andere ins Unbewusste zu schieben. Das betrifft im Laufe der Zeit unterschiedlichste Einstellungen, Meinungen, Moralvorstellungen und persönliche Werte aber auch unsere Gefühle (Teil des Inneren Kindes).

Am wichtigsten dabei ist, dass einerseits der Schatten immer das ist, an was ich nicht denke, was ich nicht an mir erkenne und an mir ablehne, und andererseits, dass es in der Vergangenheit keinen Grund dafür zu suchen gilt. Ich brauche als Ursache meines Schattens nichts suchen, denn dann bleibe ich auch weiterhin in einer Opferrolle. Dadurch verbessert sich vielleicht manchmal kurzfristig mein schlechtes Gefühl, jedoch erfährt man sich auf diese Weise nie ganz, so wird man also nie wirklich „gesund“ und dementsprechend nie richtig heil. Heil werden heißt ganz werden, das Gelebte und auch das Ungelebte wahrzunehmen und sich der Berechtigung wie der Notwendigkeit beider Pole bewusst zu werden. Dabei gilt es diese weder zu bewerten noch zu verurteilen, sondern sie als Polarität anzuerkennen. Auf diese Weise integriert man seine Schattenanteile und führt zusammen, was zusammen gehört. Wie sich unter anderem die Schattenthemen im Leben bemerkbar machen, folgt gleich im nächsten Kapitel „Spiegelung“.
(Näheres zu in den Schatten verdrängte Gefühle findest Du unter:
„Das Innere Kind und seine Verstrickungen“ S.83. und unter
„Gefühle fühlen, Gedanken erkennen“ S.74.)

Wie erkennen wir unsere Schatten im Außen?
Der Schatten ist auch immer das, über das wir uns ärgern und aufregen oder das, was man vehement ablehnt. Je stärker desto mehr Schatten!

Wie können wir selber unsere Schatten erkennen?
Sehr schwer, denn das ist ja das Besondere am Schatten, dass wir ihn nicht sehen können, dass wir aus seiner Natur heraus nichts davon wissen und ihn uns weder vorstellen noch eingestehen wollen. Wenn uns dann doch jemand von außen darauf anspricht oder sogar ein Therapeut uns explizit auf ihn hinweist, können wir nur entrüstet (Wort-bedeutung: ent-rüstet!!) und abwehrend reagieren. Ein Therapeut tut gut daran in solch einem Fall behutsam vorzugehen, mit dem Ziel, dass der Schatten mit der Zeit selber erkannt wird, dass man selbst daraufkommt, was im Verborgenen liegt und nun erlöst werden will.

Schattenarbeit

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich seinen Schatten zu nähern. Eine davon sind die im folgenden Kapitel beschriebenen Spiegelungen oder mein Fallbeispiel auf Seite 87, bei dem man sich seinen Schatten über seine Gefühle nähert. Eine andere ist, sich einfach alles einmal bewusst zu werden und aufzuschreiben, was einem so alles stört an seinen Mitmenschen, im TV, beim Einkaufen, Autofahren usw. Auch die Deutung von Krankheitsbildern nach Rüdiger Dahlke und Thorwald Dethlefsen zeigt uns eindrücklich, wie sich die Schatten in Form von Symptomen äußern können. (Gesundheit und Krankheit S.154) Ob rational oder emotional, man muss (und dieses Wort verwende ich nur ungern) wohl auf jeden Fall bereit dazu sein, seine Schatten ergründen zu wollen, denn sonst bleibt verborgen was verborgen ist. Thorwald Dethlefsen beschreibt in einem Vortrag auf amüsante Weise, dass ein guter Therapeut immer auf Anhieb die Schatten seiner Klienten erkennen kann. Wenn er aber diese gleich am Anfang ansprechen sollte, hat er mit Sicherheit den Klienten das letzte Mal gesehen. Den Schatten des anderen kann nämlich jeder der darauf geschult ist leicht erkennen und dazu muss man nicht in die Kindheit gehen oder nach vorherigen Leben forschen. Es reicht sich den anderen anzusehen, wie und was er lebt, bzw nicht lebt, was er heute oder gestern gemacht hat, bzw. nicht gemacht hat und wie er sich im Leben verhält und auch wie er sich und seine Umwelt wahrnimmt.

Aus all diesen Besonderheiten rund um den Schatten entwickelte ich für mich eine Herangehensweise, um auf rationaler Ebene meinen verdrängten Anteilen auf die Spur zu kommen. Ich analysiere mich, meine Gewohnheiten, Vorlieben bzw. Abneigungen und meine Einstellungen, aber auch mir unliebe Situationen immer aus der Position eines Therapeuten, der ja am anderen sofort erkennen kann, um was es geht. Also nähere ich mich bei solchen mentalen Analysen, im Gegensatz zu dem später angeführten „Fallbeispiel“, nicht über mein Inneres, meine Gefühle, sondern von außen als Beobachter, eben als Therapeut. Um jedoch in Folge dessen meine Schatten zu integrieren und aufzulösen, bedarf es dann sehr wohl wieder auch die emotionale Komponente und das Zulassen der damit verbundenen (verdrängten) Gefühle.

Engel des Momentes

Nach meinem ersten Modul der Ausbildung zur autopoietischen Verkörperungsarbeit unter Siegfried Essen organisierte ich schnell und unbürokratisch ein Übungsgruppentreffen für die sechs, aus meinem Bundesland stammenden Teilnehmer dieses Lehrgangs. Von Anbeginn der Planung hatte sich eine der Teilnehmerinnen irgendwie unberücksichtigt gefühlt und, als sie dann mit einer Verspätung von 20 Minuten ankam, ließ sie gleich ihrem Unmut freien Lauf. Sie bemängelte meine Art der Organisation des Treffens und meldete Bedenken an, ob ihr die Gruppe überhaupt zusagen würde. Als Reaktion darauf nahm ich mich zurück und ließ sie ungehindert agieren, bemerkte aber doch, dass ich sie nicht ohne Groll ansehen konnte. Warum ärgerten sie und ihr Auftreten mich so sehr und die anderen eher nicht? Natürlich wird ein solches Gefühl von Ärger durch Dinge im Außen hervorgerufen, doch der wahre Grund, warum es gerade mich so betraf, lag in mir selber und das wohl schon über eine lange Zeit hinweg.

Für die restliche Veranstaltung ernannte ich sie zu meinem „Arschengel“, wie ich es von Robert Betz gelernt hatte – ein „Arsch“, der mich auf etwas aufmerksam macht und sich mir dadurch als Engel erweist. So riss sie in weiterer Folge die Leitung über etwas an sich, das eigentlich keiner Lei-tung, sondern vielmehr eines gemeinsamen dynamischen Prozesses bedarf. Einige Aussagen von ihr waren weder schlüssig noch unserer Ausbildung entsprechend und wir kamen irgendwie, abgesehen von einer kurzen Übung, drei Stunden lang nicht in die Gänge. Ich ließ die ganze Zeit über die Situation einfach geschehen und freute mich schon darauf, mich später zu Hause hinzusetzen und durch Schattenarbeit zu ergründen, was mir das Leben bzw. das Universum durch sie mitteilen wollte und was es dabei für mich zu erkennen galt.

Gesagt, getan! Wie ich in solchen Fällen im Detail vorgehe, erläutere ich etwas später im Abschnitt „Fallbeispiel, Schattenarbeit mit Spiegelungen“ S.87. Am Ende dieses Prozesses kam ich jedenfalls zur Erkenntnis, dass ich dieses Gefühl bestens aus meiner Kindheit kannte. Aus der Zeit, in der ich so gut wie nie bedingungslos im Mittelpunkt stehen durfte und sich ein Kind ausnahmslos den Erwachsenen unterordnen sollte. Vor allem machte ich damals die Erfahrung, dass mein Vater bei allem immer Recht behielt und wenn er doch einmal etwas nicht wusste, wurde nur angesehenen Persönlichkeiten, wie beispielsweise Nachrichtensprechern oder Experten in Medien, Vertrauen geschenkt. Im Mittelpunkt zu stehen und vielleicht dabei sogar noch Unrecht zu haben, schien mir deswegen als Kind ebenso unmöglich wie eine Stunde lang die Luft anhalten zu können. Also empfand ich damals solche Situationen als Höchststrafe, womit ich diesen Teil von mir in den Schatten drängen musste! Nun ließ ich dieses lang unterdrückte Gefühl einfach zu. Ich erlaubte meinem Inneren Kind, wie auch allen anderen Menschen auf dieser Erde, im Mittelpunkt stehen zu dürfen, auch wenn sie anscheinend „Unrecht“ haben sollten. Bald löste sich dieses Gefühl dann auf, der Ärger verschwand vollkommen und im Anschluss schrieb ich meinem „Engel des Momentes“ eine Nachricht, in der ich mich von Herzen für den Abend und speziell für sie bedankte.

Spiegelung

„Alles was Du erlebst, also alles was das Universum
Dir schickt, sind Bausteine Deines Lebens. Bewusst
ergeben sie die schönsten und stabilsten Paläste,
unbewusst bleiben sie aber nur ein Haufen Steine.“
(M.F.)

(Seite 67 – 68)
Die Spielregeln, nach denen sich uns unsere (Um-)Welt zum Teil darstellt, zeigen sich im Prinzip der Spiegelungen. Der psychische Spiegel erfüllt dabei dieselbe Funktion wie ein physischer Spiegel. Ein herkömmlicher Spiegel dient uns ja dazu, die Dinge betrachten zu können, die wir, vorrangig an uns selber, nicht sehen können. Gleich der psychische Spiegel, er zeigt uns das in unserer Umwelt, was wir an uns nicht sehen können oder wollen, das was wir im Sinne der Polarität ablehnen oder verdrängen, den Schatten nach C. G. Jung. Die Dinge, die sich uns durch dieses großartige Lebensprinzip darstellen, gilt es zu erkennen, anzunehmen und so wird es einem erst möglich, sich selber richtig kennenzulernen und sich in seiner Ganzheit zu erfahren.

Der Schatten drängt stetig und unweigerlich in unsere Realität, denn er ist ein gleichberechtigter Teil wie der gelebte. Deswegen will er auch im Außen seinen Ausdruck und in uns unsere Aufmerksamkeit erfahren. Unsere Schattenanteile wollen wahrgenommen, angenommen und integriert werden. Das wichtigstes Merkmal und Erkennungszeichen einer solchen Spiegelung des Schattens ist währenddessen ein spürbares Gefühl des Ärgers, ein Empfinden von Wut, Angst, Sorge, Ohnmacht, Verzweiflung, Trauer oder ähnlichem. Er zeigt sich immer bei den Dingen, die uns stören, uns aufregen, die wir bei anderen und somit bei uns selber ablehnen. Hierbei kann es sich um die unterschiedlichsten Eigenschaften, Wesenszüge, Personen, Situationen, Emotionen oder auch um Krankheit handeln. Je mehr man sich an den Dingen, Situationen oder Gegebenheiten stört, desto mehr zeigt einem der Spiegel, was man in den Schatten gedrängt hat. Je weniger Grund zur Aufregung, desto ganzer wird man und desto integrierter sind die eigenen, in der Polarität als negativ empfundenen, Anteile. Desto mehr ist man also in seiner Mitte. Integrieren heißt dabei nicht, dass man seine Schatten auch auslebt, sondern dass man sich der allgemeinen und im speziellen seiner eigenen Polarität bewusst wird und dadurch nichts mehr in den Schatten drängen muss. Dies alles beschreibt jedoch nur das Mentale, die Verstandesebene, in Form des Bewussten und seines Gegenpols, des Unbewussten.

Wir sollten uns aber an dieser Stelle auch dem anderen Pol in uns, der emotionalen Seite, zuwenden, denn die Gefühle in uns, die durch die Spiegelung im wahrsten Sinne des Wortes „auftauchen“, waren dort schon lange vorhanden. Es handelt sich dabei um Emotionen die, ihrem Wortstamm nach, fließen wollen. Es geht um die Gefühle, die wir als Kinder in den Schatten verdrängt haben, die wir uns nicht zugestehen und die wir teilweise nicht mehr empfinden können oder wollen. Natürlich macht das ein Kind nie mit Absicht, wie auch seine Eltern dies nie bewusst verursachen. Wir leben einfach in einem Kulturkreis, in dem man nicht gelernt hat, zu seinen Gefühlen zu stehen und mit ihnen offen umzugehen. Doch nur so können sich diese transformieren und wenn sie das nicht tun, dann stauen Sie sich in unserem Energiekörper und führen zu Energieblockaden und manchmal auch zu Schlimmerem. Die Spiegelung, als unser universeller psychischer Helfer, zeigt uns also auch unseren emotionalen Schatten. So gilt es ebenfalls, diese verdrängten Gefühle zu integrieren, sie einfach zuzulassen, um auf diese Weise sich selber näher zu kommen und sich dadurch von gestauten Blockaden zu befreien. Wie macht man das? Man lässt das Gefühl einfach zu, man lässt es sein, was es ist, ein Gefühl, ohne es zu benennen, zu bewerten und ohne diesem eine Form oder einen Grund geben zu wollen. Einfach nur fühlen und dann geht es schnell, dass es sich auflöst und nicht mehr wiederkehren muss. Wie das im Detail funktioniert findest Du unter: „Gefühle fühlen, Gedanken erkennen“ S.74 und ein Beispiel von Schattenarbeit mit Spiegelungen findest Du ab S .87

Unsere Spiegelungen dienen uns also dazu, unsere Schattenanteile zu integrieren, unsere verdrängten Gefühle aufzulösen und dadurch selbst ausgeglichener, zufriedener und ganzer zu werden.

Resonanz

Wenn wir nicht das Gute in
uns hätten, könnten wir es im
Außen gar nicht wahrnehmen
und gleich verhält es sich auch
mit dem sogenannten Bösen.
(M.F.)

(Seite 69 – 71)
Die Resonanz wird oft nicht in ihrer gesamten Tragweite erkannt, oder auch einfach mit dem Prinzip der Spiegelung gleichgesetzt. Vielmehr ist sie aber eine allgemein gültige Gesetzmäßigkeit, die in vielen verschiedenen Formen, in den unterschiedlichsten Bereichen und auch schon lange unumstritten in der Wissenschaft und Technik ihre Anwendung findet. Auf dieser Ebene erklärt sich das Resonanzgesetz wohl auch sehr einfach, da die meisten Menschen dessen Prinzip zumindest technisch als Funkgerät oder Radioempfänger gut kennen und auch ganz selbstverständlich nutzen. Der Volksmund weist ebenso seit jeher darauf hin: „Wie es in den Wald ruft, so schallt es zurück“ „Wie du anderen begegnest, so wird auch dir begegnet.“ „Was du ausstrahlst bekommst du zurück“ „Wie innen so außen.“ „Wenn es einmal läuft, dann läuft‘s.“ „Geld kommt immer zu Geld.“ „Wer hat, der bekommt auch noch.“ „Der Teufel scheißt immer auf den gleichen Haufen.“ „Du erntest, was du säst.“ usw.

Die Resonanz wird also in der Physik und in der Radiotechnik schon sehr lange angewandt, so kann das folgende Beispiel auch von jedem leicht nachvollzogen werden: Um Radiowellen und das damit übertragene Radioprogramm hören zu können, braucht es einen Empfänger, in dem Fall ein Radio. Das zugrundeliegende physikalische Gesetz beschreibt dabei, dass ich nur das empfangen kann, auf was mein Empfänger eingestellt ist. In diesem Fall werden zwar zu jeder Zeit viel mehr Programme über den Äther gesendet, wie Mittelwelle, Langwelle, Kurzwelle, Funksprüche und so weiter, jedoch wahrgenommen kann jeweils nur das eine werden, auf was der Sender auch eingestellt ist. Nicht nur im übertragenen Sinne bedeutet das für uns, dass in Wirklichkeit bereits immer alles da ist, alle Möglichkeiten zu jeder Zeit vorhanden sind. Sich manifestieren und somit in unsere Realität treten, kann jedoch nur das, auf was man mit seiner Resonanz eingestellt ist.

Jeder von uns hat bereits selber dieses so spirituell anmutende Gesetz im Laufe seines Lebens, meist an praktischen Beispielen, des Öfteren erlebt. Zum Beispiel wenn man ein Auto, ein Haustier, ein Handy oder etwas anderes, als bedeutend eingeschätztes, neu sein eigen nennt, oder auch sich nur damit beschäftigt. Auf einmal sieht man es dann die ganze Zeit um einen herum, unentwegt stößt man im Außen darauf. Wenn man Resonanz für etwas Neues hat, trifft man es ganz automatisch in seinem Umfeld gehäuft an. Obwohl es bereits vorher im gleichen Maße vorhanden war, sieht man es bewusst erst dann, wenn man auch darauf eingestellt ist. Wenn man sich nun das wissenschaftlich verankerte Verhältnis vom menschlichen Bewusstsein zum Unterbewusstsein vor Augen führt, erkennt man unweigerlich, wer oder was bei einem großteils unbewussten Menschen den „Sender“ einstellt. Wir haben nämlich, umgelegt auf eine Strecke, nur 15 Millimeter Bewusstsein, im Vergleich zu unglaublichen 11 Kilometer an Unterbewusstsein.

Das Unterbewusstsein erstreckt sich dabei abermals über zwei Ebenen, der geistigen, also der Verstandesebene, und der emotionalen, also der Gefühlsebene. Wiederum zwei Pole, die im Kern zusammengehören und sich auflösen, wenn man sie zusammenführt, sie zu einem Ganzen werden lässt. So lange man unbewusst lebt und agiert, ist man größtenteils einer in seiner Auswirkung meist als negativ empfundener Resonanz ausgeliefert. Einerseits erlebt man immer genau das, was man sich bewusst, aber vor allem auch unbewusst erwartet, also nach dem unsere zahlreichen Glaubenssätze, Einstellungen sowie Verstrickungen verlangen, und andererseits das, was aus dem Schatten in unser Bewusstsein strebt. Je bewusster man lebt, je mehr man in seiner Mitte ist, man die universelle Wahrheit für sich erkannt hat und diese auch lebt, desto höher schwingt die eigene Resonanz, desto harmonischer kann sich dadurch seine Umwelt einem zeigen und umso mehr tritt Erfüllung, Friede und Liebe in unser Leben.

Alles Idioten

Am Beginn meines Weges ärgerte ich mich noch oft über andere, ob beim Einkaufen, Autofahren und sogar beim Wandern. Ich pflegte in der Vergangenheit mit meiner Ex-Frau einen diesbezüglichen Insider-Spruch „Hast du den Kübel mit?“ Einen Wasserkübel für den sprichwörtlichen nassen „Fetzen“ mit dem wir alle „erschlagen“ könnten.

Für alles was man häufig im Außen erlebt, muss man in sich auch Resonanz haben, denn sonst würde man es nicht so erleben. Wenn beispielsweise jemand hinter Dir „Du Mörder!“ ruft, dann wirst Du Dich wohl nicht angesprochen fühlen, bei „Du Lügner!“ vielleicht schon eher. Das bedeutet, dass wir immer nur das erfahren und erleben können, auf das wir eingestellt sind. In diesem Fall weiß ich nicht genau, auf Grund welcher veränderter Einstellungen, welcher Erkenntnisse oder auch wann genau diese Resonanz in mir verschwand, ich kann nur bestätigen, dass ich mich nun seit Jahren über niemanden mehr richtig ärgern musste. Die zwei Mal, wo es dann doch noch vorkam, nutzte ich einmal umgehend zur Schattenarbeit, wie ich es später im „Fallbeispiel“ beschreiben werde, und das zweite Mal war auf einem Seminar. Es handelte sich um eine Teilnehmerin, die mich die ganze Zeit aufregte, die einzige von allen über die ich mich aufregen könnte und es auch tat. Da ich ja mittlerweile wusste, dass solche Situationen immer mit mir zu tun haben, sprach ich die Person gleich direkt darauf an, woraufhin wir dann gemeinsam der Ursache auf den Grund gehen konnten und uns danach super verstanden und gemeinsam viel Spaß hatten.

Leben annehmen, Karma auflösen

„Wähle lieber, was
Du willst, als
abzulehnen, was
du nicht willst.“
(Siegfried Essen)

(Seite 104 – 107)
Einfach annehmen, was ist! Leicht gesagt, aber es fällt bestimmt jedem sofort ein Anlassfall ein, wo dies nicht möglich war, gleichgültig ob es sich um etwas Positives oder Negatives gehandelt hat. Wenn man genau hinsieht, findet wohl jeder in seinem Leben das eine oder andere, was noch nicht angenommen wurde. Die ganze Tragweite des Annehmens ist jedoch noch viel größer, denn es geht dabei wirklich um ALLES. Es gilt, seine gesamte gegenwärtige Situation mit allem darin, und vor allem ohne sie zu bewerten, zuzulassen als das Leben selbst, welches durch einen lebt und durch welches sich das große Ganze im Menschen erfährt. Auch alles in seiner Vergangenheit, was man je erlebt hat und was einem je zugestoßen ist, will von einem angenommen werden. Daraus resultiert dann unweigerlich ein Erkennen, dass man selber, wie auch ein jeder andere auf dieser Welt, desselben göttlichen Ursprungs ist und wir alle das gleiche Licht in uns tragen, halt nur mit einem unterschiedlichen Grad an Bewusstheit.

Das Annehmen ist wohl einer der einfachsten und zugleich auch einer der schwersten, aber auf jeden Fall die im Leben am häufigsten anwendbare Möglichkeit, ins Jetzt zu kommen. Alles annehmen, was ist! Und da dies bedingt, dass man keine Wertigkeit vergibt, man also nichts mehr be- und verurteilt, ist man beim Akt des Annehmens auch frei vom Ego-Verstand. Immer im sicheren Wissen, dass alles Deinem Weg dient, dem Weg Deines Lebens, der nur für Dich bestimmt ist
und nur von Dir begangen wird.

Der Prozess des Annehmens macht alles um einen herum leichter, die Dinge verlieren an Dramatik und die Essenz der dem Leben zugrun-deliegenden Prinzipien tritt immer mehr zum Vorschein. Nur auf diese Weise können wir überhaupt erkennen, uns weiterentwickeln und uns als Ganzes im wahren Sein erleben. Aus diesem Grund gibt es dann auch keine als solche empfundenen Probleme mehr, bzw. haftet man nicht mehr an ihnen. Man erlebt nun die Situationen ohne diese zu bewerten und, wenn anfangs auch erst im Nachhinein, in der Freude, dass es immer dem eigenen Wohl und seiner eigenen Entwicklung dient, womit man schlussendlich auch immer mehr aus dem Leid aussteigt. (siehe nächstes Kapitel) Vielleicht ist bereits alleine die Entscheidung und der tatsächliche Akt des Annehmens das Einzige, was es zu tun gilt, das Einzige, was wir in Wahrheit machen können, ohne wieder aktiv etwas Neues starten zu wollen und so die erhoffte „Lösung“ erneut aus dem Jetzt in die Zukunft verschieben. Annehmen, was ist, und mit dem aufhören, was war, mehr brauchen wir im Grunde nicht zu tun.

Auch hier gibt es eine zweite Ebene und so sollten wir uns neben den herrschenden Gegebenheiten im Außen auch den damit verbundenen Gefühlen in unserem Inneren widmen. Wie bereits in einem anderen Zusammenhang erwähnt, sind Gefühle die Kinder unserer Schöpfung. Sie sind seit langem in uns gespeicherte Energien und somit auch ein Teil unseres Resonanzkörpers, der diese immer wieder durch Situationen im Außen erneut in uns hervorruft. Unser diesbezüglich angelernter und geprägter Mechanismus heißt meist Verdrängung (in den Schatten). Hier begegnet uns wieder die zweite der beiden Techniken mit seinen Gefühlen umzugehen, welche auch generell mit einer jeden verstandesbasierten Erkenntnis immer einhergehen sollte:

Wenn wir ein unangenehmes Gefühl wahrnehmen, bestenfalls vor der Analyse und vor der Einschätzung durch unseren Verstand, können wir dieses einfach annehmen als das, was es ist, ein aufgestautes, verdrängtes Gefühl, das gefühlt und dadurch transformiert werden will. Diesen Vorgang kann man dann wohl auch Karma-Auflösung nennen, denn „es“ muss jetzt nicht mehr wiederkommen. Aber vorher musst Du die Karma-Frucht ganz aufessen, so sollst Du auch Dein Gefühl ganz fühlen. („Gefühle fühlen, Gedanken erkennen“ S.74)

Karma

Ich bin eigentlich immer davon ausgegangen, dass Karma wohl eher unsere alten und unaufgelösten Anhaftungen und Prägungen beschreibt, aus denen sich dann unsere Lebenssituationen sowie unsere Verstrickungen ergeben. Auf jeden Fall war mir aber immer schon klar, dass es sich dabei nicht um sogenannte schlechte Dinge, die wir einmal gemacht haben, handeln kann. Denn es geht ja nie wirklich um das Außen, sondern vielmehr um das Innen und in der Auflösung der Polarität, in der Einheit, gibt es weder Gutes noch Schlechtes, denn alles ist Schwingung und Energie.

Nach der buddhistischen Lehre von Gesche Rabten Rinpotsche ist Karma die Handlung von Geist, Rede und Körper, und wenn diese Handlungen einwandfrei sind, gibt es laut ihm auch kein neues Karma. Gleich meiner Auffassung beschreibt diese buddhistische Erklärung nichts Altes, dem man ausgeliefert ist, sondern etwas Selbstbestimmtes, von dem man sich lösen kann, hier und jetzt und nicht in einem anderen Leben oder zu einem späteren Zeitpunkt. Für mich bedeutet Karmaauflösung hauptsächlich, auf emotionaler Ebene sein Inneres Kind, also seine gestauten Gefühle, und auf mentaler Ebene seine alten Grund- und Glaubenssätze aufzulösen, im Prinzip sich einfach von allem Alten zu lösen, an nichts mehr zu haften und so nur mehr das Hier und Jetzt zu erleben.

Einfach annehmen was ist

Der Akt des Annehmens ist in beinahe jeder meiner Geschichten ein ge-wichtiger Bestandteil. So hatte ich auch am Camino Francés bei Kilometer null der 1.000 darauf folgenden meine Knieverletzung einfach angenommen. Ich verurteilte mich und mein Knie nicht für die Schmerzen, die geringe Belastbarkeit und das von mir erwartete Resultat, den Weg nicht zu Ende gehen zu können. Ich wertschätze mein Knie für seine große Leistungen der Vergangenheit, es hatte nun auch das Recht zu schmerzen und gleichzeitig ließ ich mich davon nicht hindern, immer weiterzugehen. Dieses wertschätzende Zulassen und sich dabei von den Umständen nicht beeinflussen lassen, zieht sich durch alle meine Prozesse des Erwachens, wie auch durch sämtliche Überwindungen meiner körperlichen Krankheiten und Beschwerden. So schaffte ich es dann auch, trotz eines früheren Bandscheibenvorfalls, einer verweigerten Meniskusoperation und eines für die Zukunft prognostiziertem künstlichen Knies, innerhalb eines Jahres 2.000 Kilometer quer durch Spanien zu pilgern, 250 Kilometer nach Mariazell zu wallfahren, ein paar hundert Kilometer in Österreich zu wandern und zusätzlich an die 800 Kilometer im Wald zu laufen.

Auf anderen Ebenen war mein bedingungsloses Annehmen ebenso ausschlaggebend, wie zum Beispiel bei der Trennung von meiner Ex-Frau und beim Verlust unseres Unternehmens. Das Annehmen der darüber herrschenden großen Trauer, Wut und Verzweiflung, war dabei ein wichtiger Schritt, der mir erst eine wahre und anhaltende Freude ermöglichte.

Wahres Zuhören, von Seele zu Seele

„Wahres Zuhören ist die Begegnung auf
Augenhöhe, ohne Be- oder Verurteilungen
und ohne Rollen, Formen oder Konzepte.“
(M.F.)

(Seite 126)
Man kann bewusst oder unbewusst seinem Gegenüber zuhören, das beschreibt aber noch nicht richtiges Zuhören. Zuhören ist ein Akt unserer zwischenmenschlichen Beziehungen, durch den wir uns aktiv geistig austauschen. Doch um daraus den eigentlichen Wert dieser Handlung zu schöpfen, den Austausch zweier Seelen untereinander, stört meist unser Ego-Bewusstsein.

Jeder von uns kennt das wohl gut: Während der andere erzählt, hört man nicht nur zu, sondern man bildet sich darüber auch eine Meinung, bewertet das Gesagte, macht sich seine eigenen Gedanken und wartet häufig eigentlich nur darauf, bis man endlich selber zu Wort kommt und man seinen Gedanken und Meinungen Ausdruck verleihen kann. Das ist dann eigentlich ein reines Ego-Zuhören und wir alle sind es so gewohnt. Natürlich kann man seine Meinung kundtun und einen Rat oder eine Einschätzung geben, optimal jedoch erst danach und auch ohne Bewertungen oder Verurteilungen.

Wichtig dabei ist es, diese beiden Vorgänge des Zuhörens und des Sprechens zu trennen und so beim Zuhören einfach auf das Denken zu verzichten, bzw. nichts zu benennen und es so in Formen oder Konzepte stecken zu wollen. Versuche doch einfach von Mal zu Mal mehr, in der Stille Deines Geistes und somit Ego-aufgelöst zuzuhören, ohne Beurteilung, Wertung und den Drang, etwas dazu oder dagegen sagen zu müssen. Das ist eine Übung die man andauernd praktizieren sollte und so wird man die Qualität zwischenmenschlicher Gespräche und Beziehungen, den Austausch untereinander, ganz anders, tiefgehender und meist auch viel fruchtbarer und erfüllender für alle Beteiligten, erleben.


Überzeugung und Akzeptanz statt Mut und Toleranz

„Mit Überzeugung braucht es keinen Mut
und mit Akzeptanz keine Toleranz.“
(allgemein)

(Seite 127)
Hier handelt es sich erneut um eine Aufklärung von Begrifflichkeiten und tiefer gehend auch um einen prinzipiellen Unterschied unserer
Grundeinstellung. Wenn es nun um Mut geht, hat der Gehirnforscher Gerald Hüther zwei interessante Beispiele angeführt. In dem einen beschreibt er Burschen, die vom 10-Meter-Turm eines Schwimmbads springen. Die einen brauchen keinen Mut, denn sie springen voller Begeisterung gerne von hoch oben ins Wasser, nicht so die, die es nur machen, um sich keine Blöße zu geben oder den Mädchen am Becken-rand imponieren wollen. Im zweiten Beispiel erzählt er von einem Mann, der in einen Konflikt zwischen Jugendlichen eingreift und diesen beendet. Als daraufhin Passanten ihm seines Mutes wegen Komplimente aussprechen, erwidert er, dass er nicht mutig sei, vielmehr sehe er es als seine Pflicht in so einem Fall einzuschreiten. Es war einfach seine Überzeugung, man könnte auch sagen seine Wertvorstellung oder Moral. Mut braucht also anscheinend nur der, der etwas macht, das er nicht gerne oder ohne Überzeugung macht bzw. machen muss.

Auch die Toleranz wird oft fehlinterpretiert bzw. als eine (falsche) Motivation angesehen. Wenn wir etwas tolerieren, geht dies immer davon aus, dass wir es bewerten und es so meist als schlechter oder minderwertiger einstufen. In Wahrheit brauchen wir nichts zu tolerieren, vielmehr gilt es, das andere zu akzeptieren, als ebenso einen Ausdruck des Großen und Ganzen und so auch als einen Teil derselben Göttlichkeit. Natürlich muss man dann damit nicht konform gehen, man kann es für sich auch ablehnen, jedoch sollte man es nicht bewerten und es so aus einer erhöhten Position tolerieren, denn dies geschieht naturgemäß meist aus dem Ego-Bewusstsein. (S.52)

Unsere Kinder 1,
Erziehung oder Potenzialentfaltung

„In den Augen eines Neugeborenen
erkennt man die Göttlichkeit, mit der
wir alle auf diese Welt gekommen sind.“
(M.F.)

(Seite 132 – 135)
Die zwei einzig wahrhaften, immer andauernden Grundbedürfnisse eines jeden von uns entstehen bereits ganz am Anfang, aus unseren einzigen zwei grundlegenden Erfahrungen im Mutterleib. Diese ziehen sich dann durch die gesamte Kindheit und stellen im Weiteren das ursprünglichste Verlangen im Laufe unseres ganzen Lebens dar:

Verbundenheit bei gleichzeitigem (!!) Wachstum!

Gleichzeitig deswegen, weil wir 9 Monate, in unserer größten Entwicklungsphase, nichts anderes kannten und wir diese zwei einzigen konstanten Bedingungen auch immer gleichzeitig erlebten. Die unerschütterliche Verbundenheit (Liebe) mit der Mutter über die Nabelschnur im Uterus und das grenzenlose Wachstum des eigenen Potenzials, des Körpers, der Organe oder des Gehirns. Also geht es im Grunde immer gleichzeitig um bedingungslose Liebe und Potenzialentfaltung. Beides bedingt einen gleichwertigen Umgang mit seinem Gegenüber. Nicht ein „von oben herab“ oder ein Gegeneinander, sondern ein Miteinander auf Augenhöhe, welches uns jedoch in vielen sozialen Strukturen und Ländern dieses Zeitalters, mit dem Dogma einer Wettbewerbskultur, großteils aberzogen wurde.

Wir haben mit geringen Ausnahmen alle gelernt, den anderen und somit auch uns selbst als Objekt zu betrachten, und damit befinden wir uns in einem Zustand der Bewertung, von uns selbst, den anderen und dem was uns umgibt. In solchen Fällen spielen wir immer, meist unbewusst eine Rolle, von der wir dann annehmen dass sie angemessen sei, wie die Rolle der Eltern, die Rolle als Angestellter oder als Chef, die Rolle des Lehrers oder des Schülers usw. Gelernt haben wir das, da wir selber von klein auf auch als ein Objekt betrachtet wurden, ob von den Eltern, unserem Umfeld, der Politik, der Werbung, dem Fernsehen, der Wirtschaft und vielen mehr. Daher ist es Voraussetzung, um seinem Kind liebevolle Potenzialentfaltung bei gleichzeitiger Verbundenheit schenken zu können, aus diesen Rollen und somit auch aus der Objektbetrachtung seines Gegenübers auszusteigen. Dies betrifft nicht nur unsere Kinder, sondern auch alle und alles andere. Der erste und wichtigste Schritt der Eltern ist es somit, das vorzuleben, was man sich für seine Sprösslinge wünscht, denn sie lernen wirklich alles, was wir ihnen vorleben. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Unsere Kinder lernen nicht, was wir sagen, sondern das, was wir tun, oder anders gesagt: Sie lernen das Leben, welches wir leben. Dadurch lernen sie in Wahrheit, das zu denken und so zu handeln, wie es angebracht zu sein scheint, und nicht, wie es ihnen gesagt wird und auch nicht, wie sie es innerlich tatsächlich empfinden.

In der Zeit, in der wir eindeutig am meisten lernen, wo wir als Kinder nur durch das Imitieren scheinbar spielend gehen und sprechen lernen, hören wir auch bis zu unserem fünften Lebensjahr, wissenschaftlich errechnet, ca. 60.000 Mal, dass etwas nicht gut ist, so wie wir es gemacht haben oder wie wir es empfinden. Des Weiteren werden in dieser Zeit auch immer gewisse Bedingungen der Liebe oder Bestrafung an unser Verhalten geknüpft. In Wahrheit braucht ein Kind jedoch weder Belohnung noch Bestrafung und ebenso braucht kein Kind Lob für etwas, von dem es bereits weiß, es richtig toll gemacht zu haben. Vielmehr braucht es von uns unsere Anteilnahme, Anerkennung und Freude am Gelingen. Damit teilen wir das Erleben mit ihnen und bewerten sie und ihr Tun nicht dabei. Ein Kind empfindet sich nur dann nicht als Objekt, wenn es wahrgenommen und geliebt wird, für das, was es bereits ist, und nicht für das, was es sein wird, machen soll, zu sein hat oder zu dem es sich erst entwickeln wird. In diesem Zusammenhang sollten wir bitte verstehen, dass ein Erwachsener nichts Besseres als ein Kind ist und wir nicht wirklich wissen können, was für unsere Kleinen in der Zukunft richtig oder gut sein wird. Oder wussten damals unsere Eltern oder deren Großeltern wie sich uns die Welt heute darstellt und welche Anforderungen heute an uns gestellt werden? Wenn wir erkennen, wie viel es umgekehrt von unseren Kindern eigentlich zu lernen gibt, begeben wir uns auf Augenhöhe mit ihnen und verlassen diese Objektebene hin zum Subjekt, hin zur gegenseitigen Wertschätzung und Gleich-
berechtigung.

Es wird aber noch dramatischer denn alles, was wir bewusst wie unbewusst (vor)leben, also auch alle ungelösten und unausgesprochenen Probleme der Eltern, saugt das lernbegierige Kind ebenfalls wie ein Schwamm auf. So erklärt sich wohl auch die spirituelle Regel, die vielen oft nicht wirklich gefällt, dass Kinder immer der Spiegel ihrer Eltern sind. Unsere Töchter oder Söhne zeigen uns also auf diese Weise, was wir selber an uns nicht sehen können. („Spiegelung“ S.67) An diesem Punkt gilt es etwas Wichtiges zu erkennen, und ich sage das deswegen, weil es mir immer öfters zu Ohren kommt, dass einem Kind Schuld angelastet wird. Ein Kind trägt nie die Schuld, vielmehr ist es das Ergebnis seiner Umstände und kann durch sein Spiegelverhalten maßgeblich zur Aufarbeitung der anstehenden Themen durch die Eltern beitragen und dann wird meist auch das Kind selbst von solch Problemen, Handlungen oder Wesenszügen befreit! Also gilt es als Erstes immer an sich selber und nicht an den Kindern zu arbeiten, um sie schlussendlich in Verbundenheit zu ihrer Potenzialentfaltung einzuladen und sie liebevoll zu inspirieren sich und die Welt kennenzulernen.

Zusammenfassend bedeutet das, dass wir nur dann ausgeglichene Kinder erleben können, wenn wir auch selber in unserer Mitte sind, und sie werden uns nur dann nicht an unsere Grenzen bringen, wenn wir keinen Anlass zur Spiegelung geben. Das bedeutet, dass es in Wahrheit nicht mehr zu tun gibt, außer unsere Kinder in tiefer, bedingungsloser Verbundenheit zur grenzenlosen Entfaltung ihres Potenzials zu inspirieren, von Wertungen und Bewertungen abzulassen und dabei sich selber und den Kleinen innigst zu vertrauen.

Der gordische Knoten

Kind zu sein ist eine aufregende Zeit, es als Erwachsener zu bleiben ist eine erstrebenswerter Zustand, jedoch dabei immer von seiner Mutter oder seinen Eltern als ein solches behandelt zu werden, ist verhängnisvoll, nicht nur für das Kind. Und so bieten die Initiationsriten indigener Völker nicht nur den Söhnen die Möglichkeit, zum Mann und den Mädchen zur Frau zu werden, sondern auch deren Müttern und Vätern, sie ebenso als solche erkennen und annehmen zu können. In diesem Zusammenhang heißt es bezeichnend: „Die Mütter weinen um ihre Kinder, wenn sie das Dorf verlassen, denn sie kommen als Erwachsene zurück und werden ab dann auch nur mehr als solche gesehen.“ Die Verstrickungen zu unseren Müttern sind naturgemäß übermäßig stark ausgeprägt und das ist für ein Baby und Kleinkind überlebenswichtig, denn der Mensch ist das einzige Lebewesen auf Erden, welches nach seiner Geburt zu 100 Prozent nicht fähig ist, alleine zu überleben. Auf diese Weise entsteht jedoch auch eine Art von Gordischem Knoten, der meist nur schwer aufgelöst werden kann, und da in unserer Gesellschaft solche Rituale seit langem nicht mehr üblich sind, liegt es an den Müttern, ihre Kinder offiziell in die Freiheit und damit in ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit eines Erwachsenen zu entlassen.

Ein schönes Beispiel lieferte in diesem Zusammenhang meine Ex-Freundin mit ihrer Tochter, indem sie zum achtzehnten Geburtstag etwas ganz Besonderes unternahmen. Sie frühstückten feierlich zu zweit beim Sonnenaufgang über dem Dachsteingebirge auf über 2.000 Meter Seehöhe. Mit diesem besonderen Fest entließ sie ihre Tochter in das Leben einer eigenverantwortlichen jungen Frau. Wichtig dabei ist, dass es klar ausgesprochen wird, dieses Loslassen in die Eigenverantwortung bei gleichzeitiger tiefer Verbundenheit in bedingungsloser Liebe. Ein Gordischer Knoten, der in diesem Moment durchschlagen wird und so beide aus ihren bisherigen Rollen entlässt.

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